Das Musterhaus will Lust auf das Wohnen im Fachwerk machen und die Potentiale aufzeigen, die in reparaturbedürftigen Fachwerkhäusern und -quartieren stecken. In Deutschland gibt es rund 2,4 Millionen Fachwerkhäuser, die unsere Orte und unsere Kulturlandschaft prägen. Sie gilt es nachhaltig zu erhalten. Das Musterhaus zeigt Kombinationen aus zeitgemäßem energieeffizientem Wohnen im historischen Fachwerkhaus mit Fokus auf nachwachsende Baustoffe.
Fachwerk-Musterhaus im Freilichtmuseum Hessenpark
Bei der Suche nach einem geeigneten Gebäude für ein Fachwerk-Musterhaus fiel 2017 die Wahl auf das oben abgebildete Fachwerkwohnhaus von 1790 aus Radheim. Dieses steht mit unterschiedlichen verwendeten Materialen (Fachwerk und Ziegel-Massivmauerwerk), seiner Größe und den Schadensbildern an den Eichen- und Nadelhölzern stellvertretend für viele traditionelle Fachwerkgebäude.
Um 1790 als Stockwerkbauweise zweistöckig errichtet, wurde die Fachwerkkonstruktion weitestgehend schlicht und zweckdienlich verzimmert. Lediglich die Schauseite zur Straße war reich gestaltet. Auffällig waren ein Ziererker an der Straßentraufseite und die verzierten Eckständer im Obergeschoss. 1897 wurde das Haus grundlegend für eine Backstube mit Ladengeschäft im Erdgeschoss umgebaut und schließlich 1979 für einen Ausbau der damaligen Bäckerei und des Wohnhauses abgerissen. Das Freilichtmuseum lagerte brauchbare Hölzer des Fachwerkgefüges für einen Wiederaufbau ein - zum Glück. Denn ab 2018 konnte der südhessische Bau im Hessenpark wiederrichtet werden.
Zimmerleute reparierten die geschädigten Hölzer mit traditionellen handwerklichen Methoden mit möglichst geringen Eingriffen; die Ziegelwände im Bereich der ehemaligen Backstube wurden mit traditionell gebrannten Ziegeln ergänzt. Ein moderner Glasanbau zeigt beispielhaft, wie man einen historischen Fachwerkbau erweitern kann. Das Gebäudes ist - bedingt durch die Pandemie und die Materialpreisentwicklung - noch nicht fertiggestellt.
Das Gebäude ist als Musterhaus konzipiert und stellt unterschiedliche Reparatur- und Dämmmöglichkeiten für die kostenbewusste und fachgerechte Sanierung eines historischen Fachwerkhauses vor. Offene Bauteile zeigen die Konstruktion von Wänden, Decken und Böden und die Schichtung von Dämmmaterialen.
Altes bewahren und Energie sparen
Reparatur und Energieeffizienz kombinieren
Besucherinnen und Besucher lernen verschiedene Möglichkeiten der energetischen Ertüchtigung von Fenstern kennen: Einscheibenverglasung mit vorgesetztem Kastenfenster, Holzfenster mit unterschiedlichen Isolierverglasungen sowie Metallfenster mit Isolierverglasung.
Ebenso werden unterschiedliche Möglichkeiten der Ausführung der
Balkendecken (Trägerplatten, Dämmmaterialien in verschiedenen
Gestaltungen), und des Aufbaus der Isolierung des Erdgeschossfußbodens
gezeigt. In Stratigraphien werden Leinöl-Holzbeschichtungen des
Fachwerks im Innen- und Außenbereichs sowie Beschichtungen der
Holzfenster (Leinöl beziehungsweise Alkydharz) präsentiert.
Entsprechende der Planungszeit vor 2020 wurde als Heizsystem eine
Gasbrennwerttherme mit wasserbasierter Wandheizung ausgeführt. Die
Ausstellung zeigt jedoch auch modernere Heizkonzepte (Wärmepumpe, Biomasse).
Alle umgesetzten Lösungen wurden bauphysikalisch untersucht und die
Ergebnisse dargestellt.
Das Musterhaus im Hessenpark in der Nähe Frankfurts ist ein Ort, an dem Fragen rund um das Thema Fachwerksanierung und Energieeffizienz behandelt werden. Dazu dienen eine Dauerausstellung, Seminare sowie Vorträge für interessierte Laien und Fachleute. Es ist Teil des Verbundprojektes „Kompetenzzentrum für Klimaschutz in Fachwerkstädten (KKF)“ im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative. Beteiligt an dem Projekt waren neben dem Freilichtmuseum Hessenpark die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte und die Modellstädte Wolfhagen, Hannoversch Münden, Bleicherode und Schiltach. Ein Beitrag von Jan Tussing im Hessischen Rundfunk stellt das Musterhaus vor.